WATER PROOF - Hardalpi 2017
Prolog
Im vorigen war für
mich Hardalpi- Premiere. Ich war so „angefixt“, dass wir sogar eine eigene Nachtveranstaltung
durchgeführt haben, (ENDURO 09-2017/ Blue Night Adventure): Natürlich muss ich
auch 2017 dabei sein…
Ich bin einer von
fast 500 Reise- Endurofahrern aus 21 Nationen!
Damit sprengt diese Ausgabe wiederum alle Rekorde. Das gilt genauso für die
Strecke – höherer Anspruch längere Fahrstrecken sind vorgegeben. Die „Discovery“
bietet 430 Kilometer mit 16 Stunden Fahrzeit, die „Classic“ 580 Kilometer in 24h,
die „Extreme“ 900 Kilometer in 36 Stunden.
Wir können nie genug „Enduro“ bekommen, und fahren nach der “Classic“ nun die "Extreme". Von
Freitagnacht bis Sonntag fahren wir möglichst viel offroad entlang des Alpen-Hauptkammes
von San Remo nach Sestriere. Obwohl diese Veranstaltung sicher Rennen ist, verkörpert
sie für mich den ursprünglichen Rallyegedanken: Offroad, lange Strecken, Nacht,
Herausforderung, Teamgeist und nicht zuletzt – durchhalten!
Und „water proof“ - das
sollte man 2017 auf jeden Fall sein - es war die bisher regenreichste Hardalpi.
Liaison
Wir fahren mit Auto
und Hänger bis Salbertrand auf den
Campingplatz. Die Strecke von Deutschland nach Italien „auf Achse“ zu fahren, sparen
wir uns. Als wir abends das Gespann abstellen,
treffen wir auf viele Gleichgesinnte, dieser Platz ist nicht nur für uns die
ideale Basis bei dieser Tour.
Am nächsten Morgen
starten wir zeitig unsere DR´s, um schnell via Autostrada nach San Remo zum Start
zu gelangen.
Ich zähme meine
kribbelnde Gashand und befolge das selbst auferlegte Limit von 80 Sachen. Wir
wollen unsere Mousse schonen - unsere Versicherung, um nicht nachts im Gelände Reifen
flicken zu müssen. Ein Kollege aus der Schweiz düst mit seiner Rallye-KTM links
an uns vorbei – mit Vollgas! Wir treffen ihn einige Kilometer später, am
Straßenrand mit verbrannten Mousse. Pünktlich erreichen wir San Remo, wo der Veranstalter
an der Uferpromenade ein riesiges Camp eingerichtet hat.
Die perfekte Choreographie
bei der Papierabnahme verhindert langes Warten. So bleibt mehr Zeit zum Gucken
und "Benzin quatschen". Bei fast 500 Motorradfahrern gibt es dazu ja
genug Möglichkeiten. Von klassischen japanischen Enduros der Achtziger bis zu mit
aller Elektronik und Zubehör vollgestopften Dampfern à la GS Adventure ist hier
alles vertreten was sich neudeutsch Adventure - Enduro nennt. Auch unsere
Rallye-DR BIG werden als Exoten bestaunt. Wir verteilen fleißig Aufkleber
unseres "THE BIG DUCKS" Teams und finden viele neue Freunde und Fans.
Abendessen gibt es im
edlen Casino von San Remo, natürlich auch ein Briefing mit Präsentationen und
"tam-tam".
Speciale 1
Der warme Tag ist
vergangen und eine laue Spätsommernacht ist hereingebrochen. Gegen 23 Uhr
starten die Motoren. Das wilde Gewühl beim Vorstart ordnet sich am Casino. Die Startprozedur
ist wie in der Silvesternacht in Paris: Rampe, Blitzlichtgewitter und Zuschauer-massen.
Schnell verlassen wir die Stadt und klettern über enge Kehren hinauf in die
Berge. Modernes LED-Licht macht die Nacht hell und wirft einen fahlen
Lichtkorridor auf enge Schotterpisten. Begeisterung und Adrenalin lassen uns
die ganze Nacht fahren. Im Morgengrauen erreichen wir den ersten großen
Checkpoint in Garessio. Wir freuen uns auf eine Turnhalle mit Matratzen und
eine "Mütze Schlaf". Doch hier bekommt die gewohnt perfekte
Organisation erste Risse. Die Turnhalle ist geschlossen. Nun schlafen wir draußen
auf dem Spielfeld und hoffen auf ein paar wärmende Strahlen der Sonne.
Speciale 2
Nach zwei Stunden
Schlaf reicht es uns und wir schauen im Camp nach, wann wir weiter können. Zunächst
hören wir, dass ab 14 Uhr gestartet wird, dann erfahren wir von Teams, die
bereits eine erste Schleife um Garessio gefahren sind. Nach einigen hin und her
dürfen wir um zwei Uhr endlich wieder in den Sattel. Tolle Pisten und
gigantische Ausblicke machen richtig Laune, auch wenn sich am Horizont dunkle
Gewitterwolken sammeln. Dann schlagen auch die ersten fetten Tropfen auf die
Brille - und wir machen wieder mal diesen dummen Fehler: Erst mal fahren, wird schon
gleich aufhören. Tut es natürlich nicht und wir zerren in einem Waldstück die
Regenklamotten über das nasse Endurozeug. Wir schlagen uns durch das Gewitter
zurück nach Garessio. Der Veranstalter rät uns dringend vom Befahren der
zweiten Schleife ab - viel zu gefährlich bei Gewitterregen!
Das Warten im Camp
verbessert die Lage nicht, es regnet ununterbrochen.
Speciale 3-1
Wir brechen nach
Limone Piemonte auf, dem nächsten Checkpoint. Die im letzen Jahr prall gefüllte
Stadt ist wie ausgestorben. Einsam schallt aus einer Bar unter einem
Regenschirm Popmusik über den Platz. Wir fühlen uns angezogen und kommen mit
dem Besitzer ins Gespräch, der uns ein Zimmer vermittelt. Ein Hauptgewinn, denn
schnell waren alle Zimmer von schlabbernassen Enduristen ausgebucht. Und unser Jackpot
war wirklich top - wir durften die Winterausrüstung des Vermieters nutzen -
elektrische Stiefeltrockner!
Speciale 3-2
Am nächsten Morgen
hingen die Wolken tief in den Bergen, die Straße jedoch war abgetrocknet.
Nach einem guten Frühstück
in warme, trockene Klamotten steigen - das motiviert richtig. Auch wenn dieser
Zustand nur 100m anhält. Dann regnet es als hätten die Wolken schon Jahre das
Wasser gesammelt. Trotzdem war unser Ziel klar: Wir fahren die gesamte Strecke ab
- bis Sestriere ins Ziel! Wir waren genügend ausgeruht, der Zeitplan eng,
jedoch nicht zu knapp. Wir machten wenige Pausen. Wir fuhren durch schwarze Nebelwolken
mit Sichtweite bis zu Tacho. Wir überquerten sonnige fast winterkalte und sehr windige
Pässe. Wir durchquerten wieder und wieder peitschenden Regen. Wir genossen
gigantische Ausblicke weit ins Land und wenig später sahen wir den Vordermann
kaum. Ein paar Täler waren gut zum Aufwärmen. An einer Steilauffahrt stand
einsam eine herrenlose BMW GS. Was war hier wohl vorgefallen in der Nacht?
Finale
Die Hardalpi
"benutzt" alle große Alpenstrecken, die sich ein Endurist nur
wünschen kann: von der ligurischen Grenzkammstraße über Maira Stura bis zur Assietta
Kammstraße sind alle Highlights dabei. Und wir hatten nach der langen
Regenfahrt zum Schluss noch einmal richtig Glück: Am Einstieg zur Assietta kam
die Sonne heraus und präsentierte uns ein frisch gewaschenes Bergpanorama in
tausend Farben des Hochgebirges. Erst gemütlich, dann flott genossen wir die
letzen Kilometer, um nach 60 Stunden und über 1000 Kilometern nach unserer
Abfahrt am Campingplatz nun unter dem Zielbogen in Sestriere zu stehen. Neben
einer Urkunde und vielen einmaligen Erinnerungen bleibt auch immer dieses
Gefühl: Wir haben es - trotz allem – geschafft!!
Und deswegen sind wir
2018 auch wieder dabei- egal wie das
Wetter ist.