Mittwoch, 19. Juni 2019

Hardalpi Tour 2017


WATER PROOF - Hardalpi 2017







Prolog


Im vorigen war für mich Hardalpi- Premiere. Ich war so „angefixt“, dass wir sogar eine eigene Nachtveranstaltung durchgeführt haben, (ENDURO 09-2017/ Blue Night Adventure): Natürlich muss ich auch 2017 dabei sein…
Ich bin einer von fast 500 Reise- Endurofahrern aus  21 Nationen! Damit sprengt diese Ausgabe wiederum alle Rekorde. Das gilt genauso für die Strecke – höherer Anspruch längere Fahrstrecken sind vorgegeben. Die „Discovery“ bietet 430 Kilometer mit 16 Stunden Fahrzeit, die „Classic“ 580 Kilometer in 24h, die „Extreme“ 900 Kilometer in  36 Stunden. Wir können nie genug „Enduro“ bekommen, und fahren nach der  “Classic“ nun die "Extreme". Von Freitagnacht bis Sonntag fahren wir möglichst viel offroad entlang des Alpen-Hauptkammes von San Remo nach Sestriere. Obwohl diese Veranstaltung sicher Rennen ist, verkörpert sie für mich den ursprünglichen Rallyegedanken: Offroad, lange Strecken, Nacht, Herausforderung, Teamgeist und nicht zuletzt – durchhalten!
Und „water proof“ - das sollte man 2017 auf jeden Fall sein - es war die bisher regenreichste Hardalpi.
Liaison
Wir fahren mit Auto und Hänger bis  Salbertrand auf den Campingplatz. Die Strecke von Deutschland nach Italien „auf Achse“ zu fahren, sparen wir uns. Als wir  abends das Gespann abstellen, treffen wir auf viele Gleichgesinnte, dieser Platz ist nicht nur für uns die ideale Basis bei dieser Tour.
Am nächsten Morgen starten wir zeitig unsere DR´s, um schnell via Autostrada nach San Remo zum Start zu gelangen.
Ich zähme meine kribbelnde Gashand und befolge das selbst auferlegte Limit von 80 Sachen. Wir wollen unsere Mousse schonen - unsere Versicherung, um nicht nachts im Gelände Reifen flicken zu müssen. Ein Kollege aus der Schweiz düst mit seiner Rallye-KTM links an uns vorbei – mit Vollgas! Wir treffen ihn einige Kilometer später, am Straßenrand mit verbrannten Mousse. Pünktlich erreichen wir San Remo, wo der Veranstalter an der Uferpromenade ein riesiges Camp eingerichtet hat.
Die perfekte Choreographie bei der Papierabnahme verhindert langes Warten. So bleibt mehr Zeit zum Gucken und "Benzin quatschen". Bei fast 500 Motorradfahrern gibt es dazu ja genug Möglichkeiten. Von klassischen japanischen Enduros der Achtziger bis zu mit aller Elektronik und Zubehör vollgestopften Dampfern à la GS Adventure ist hier alles vertreten was sich neudeutsch Adventure - Enduro nennt. Auch unsere Rallye-DR BIG werden als Exoten bestaunt. Wir verteilen fleißig Aufkleber unseres "THE BIG DUCKS" Teams und finden viele neue Freunde und Fans.
Abendessen gibt es im edlen Casino von San Remo, natürlich auch ein Briefing mit Präsentationen und "tam-tam".
Speciale 1
Der warme Tag ist vergangen und eine laue Spätsommernacht ist hereingebrochen. Gegen 23 Uhr starten die Motoren. Das wilde Gewühl beim Vorstart ordnet sich am Casino. Die Startprozedur ist wie in der Silvesternacht in Paris: Rampe, Blitzlichtgewitter und Zuschauer-massen. Schnell verlassen wir die Stadt und klettern über enge Kehren hinauf in die Berge. Modernes LED-Licht macht die Nacht hell und wirft einen fahlen Lichtkorridor auf enge Schotterpisten. Begeisterung und Adrenalin lassen uns die ganze Nacht fahren. Im Morgengrauen erreichen wir den ersten großen Checkpoint in Garessio. Wir freuen uns auf eine Turnhalle mit Matratzen und eine "Mütze Schlaf". Doch hier bekommt die gewohnt perfekte Organisation erste Risse. Die Turnhalle ist geschlossen. Nun schlafen wir draußen auf dem Spielfeld und hoffen auf ein paar wärmende Strahlen der Sonne.




Speciale 2
Nach zwei Stunden Schlaf reicht es uns und wir schauen im Camp nach, wann wir weiter können. Zunächst hören wir, dass ab 14 Uhr gestartet wird, dann erfahren wir von Teams, die bereits eine erste Schleife um Garessio gefahren sind. Nach einigen hin und her dürfen wir um zwei Uhr endlich wieder in den Sattel. Tolle Pisten und gigantische Ausblicke machen richtig Laune, auch wenn sich am Horizont dunkle Gewitterwolken sammeln. Dann schlagen auch die ersten fetten Tropfen auf die Brille - und wir machen wieder mal diesen  dummen Fehler: Erst mal fahren, wird schon gleich aufhören. Tut es natürlich nicht und wir zerren in einem Waldstück die Regenklamotten über das nasse Endurozeug. Wir schlagen uns durch das Gewitter zurück nach Garessio. Der Veranstalter rät uns dringend vom Befahren der zweiten Schleife ab - viel zu gefährlich bei Gewitterregen!
Das Warten im Camp verbessert die Lage nicht, es regnet ununterbrochen.
Speciale 3-1
Wir brechen nach Limone Piemonte auf, dem nächsten Checkpoint. Die im letzen Jahr prall gefüllte Stadt ist wie ausgestorben. Einsam schallt aus einer Bar unter einem Regenschirm Popmusik über den Platz. Wir fühlen uns angezogen und kommen mit dem Besitzer ins Gespräch, der uns ein Zimmer vermittelt. Ein Hauptgewinn, denn schnell waren alle Zimmer von schlabbernassen Enduristen ausgebucht. Und unser Jackpot war wirklich top - wir durften die Winterausrüstung des Vermieters nutzen - elektrische Stiefeltrockner!
Speciale 3-2
Am nächsten Morgen hingen die Wolken tief in den Bergen, die Straße jedoch war abgetrocknet.
Nach einem guten Frühstück in warme, trockene Klamotten steigen - das motiviert richtig. Auch wenn dieser Zustand nur 100m anhält. Dann regnet es als hätten die Wolken schon Jahre das Wasser gesammelt. Trotzdem war unser Ziel klar: Wir fahren die gesamte Strecke ab - bis Sestriere ins Ziel! Wir waren genügend ausgeruht, der Zeitplan eng, jedoch nicht zu knapp. Wir machten wenige Pausen. Wir fuhren durch schwarze Nebelwolken mit Sichtweite bis zu Tacho. Wir überquerten sonnige fast winterkalte und sehr windige Pässe. Wir durchquerten wieder und wieder peitschenden Regen. Wir genossen gigantische Ausblicke weit ins Land und wenig später sahen wir den Vordermann kaum. Ein paar Täler waren gut zum Aufwärmen. An einer Steilauffahrt stand einsam eine herrenlose BMW GS. Was war hier wohl vorgefallen in der Nacht?

Finale
Die Hardalpi "benutzt" alle große Alpenstrecken, die sich ein Endurist nur wünschen kann: von der ligurischen Grenzkammstraße über Maira Stura bis zur Assietta Kammstraße sind alle Highlights dabei. Und wir hatten nach der langen Regenfahrt zum Schluss noch einmal richtig Glück: Am Einstieg zur Assietta kam die Sonne heraus und präsentierte uns ein frisch gewaschenes Bergpanorama in tausend Farben des Hochgebirges. Erst gemütlich, dann flott genossen wir die letzen Kilometer, um nach 60 Stunden und über 1000 Kilometern nach unserer Abfahrt am Campingplatz nun unter dem Zielbogen in Sestriere zu stehen. Neben einer Urkunde und vielen einmaligen Erinnerungen bleibt auch immer dieses Gefühl: Wir haben es - trotz allem – geschafft!!
Und deswegen sind wir  2018 auch wieder dabei- egal wie das Wetter ist.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen