Montag, 29. Dezember 2014

Dakar 2003


Das letzte große Abenteuer

Das letzte große Abenteuer: Die Suhler Stefan Heßler und Ramona Metzner begleiteten als Trainer die 25. Rallye "PARIS-DAKAR"

Sie wird auch "die Mutter aller Wüstenrallye's" genannt, oder einfach nur "DAKAR". Den Motorsportbegeisterten ist sie ein Begriff für die schwierigste und härteste Geländefahrt durch die afrikanischen Wüsten. Spätestens seit dem Sieg von Jutta Kleinschmidt und den Engagement der Werksteams von Volkswagen und BMW in diesem Jahr wird wohl jeder über diese einmalige Rennen mehr erfahren können.

Trotz High-Tech wie Satelittennavigation und modenster Fahrzeugtechnik bleibt diese Rallye eine der letzten großen Herausforderungen. Ohne Netz und doppelten Boden sind die Teilnehmer abseits jeder Hilfen der modernen Zivilisation zwei Wochen auf sich allein gestellt. Den Piloten hilft es jedoch kaum, daß ihnen die halbe Welt bei der Arbeit über die Scultern schaut. Nur die Technik, die Mechaniker und die eigene Kondition, die an den am Silvestermorgen stattfindenden Start in Frankreich mitgebracht werden, sind die Reserven, mit denen man über fast 10.000 km und zwei Wochen Wüste auskommen muss.

Diese einmalige Erfahrung durften auch die besten Mitarbeiter eines großen österreichischen Unternehmens erleben, die bis an die Grenze der lybischen Wüste an der Rallye in einer eigenen Wertung teilnahmen. Betreut wurden sie dabei von der Firma PRO-LOG, mit der u.a. Stefan Heßler als Teamtrainer und Ramona Metzner als Servicebetreuer die insgesamt 5 Teams durch die Wüste Tunesiens über die Original-Rallye-Strecke führten.
Der erfolgreiche Rallyeprofi mit Wüstenerfahrung war für die Organisatoren die erste Wahl, denn auch die Teilnehmer der Begleitrallye der "DAKAR" fuhren "ohne Netz und doppelten Boden". Ramona Metzner betreut schon seit einigen Jahren die Rallyeaktivitäten von Stefan Heßler im Service und kennt sich so bei allen Belangen eines Rallyeservice ausgezeichnet aus. Der Aufwand für die Begleitrallye war dabei nicht geringer als bei der "DAKAR" selbst.

23 speziell vorbereitete Teilnehmerfahrzeuge Nissan Terrano, 11 Servicewagen, darunter mehrere original Rallyeautos von Mercedes und ein Offroad-Medical Service, 3 Rallyetrucks und insgesamt 23 Trainer und Helfer mussten erst über die Autobahn bis Genua, weiter mit der Fähre bis Tunis und dann nochmals quer durch Tunesien bis zur Wüstenoase Ksar Ghilane im Süden des Landes gebracht werden!
Schon bei der ersten Wertungsetappe der "kleinen Dakar" von Touzeur zur Oase Ksar Ghliane mussten die Neulinge ein ausgedehntes Dünenfeld durchqueren. Für die Wüstenunerfahrenen eine riesige Herausforderung. Für 6 km weichen Dünensand benötigten sie über drei Stunden. Das alle noch vor Einbruch der Dunkelheit in der Oase ankamen, war dann doch auch den Tipps der Teamtrainer zu verdanken.

Selbst für die Teilnehmer der DAKAR bleiben die Details der Rallyestrecke im Vorraus geheim. Erst am jeweiligen Vorabend wird der Code für das Navigationssystem und damitie genaue Streckenbestimmung für den nächsten Tag veröffentlicht. Die Amateuere wollten natürlich nicht störend in das Renngeschehen der "Großen" eingreifen und versuchten immer vor oder nach den Profis die Strecke zu befahren. Trotzdem kreuzten sich kurz vor dem Ziel bei El Borma die Wege. Authentischer hätte das Rallyefeeling für die Neulinge wohl nicht sein können. Mit 80 km/h glaubten sie, über die Wüste zu fliegen, - bis die Profis wie Stephane Peterhansel und Jutta Kleinschmidt mit fast 200 km/h vorbeizogen.

Auch den Abend im Rallyecamp von El Borma wird wohl niemand so schnell vergessen. Eingerahmt von den großen Fackeln der Ölquellen und über 100 m hohen Dünen liegt das Flugfeld, um das sich das Rallyecamp ausdehnt. Zwischen Flugzeugen und Helikoptern stehen die Zelte der Privatfahrer. Die großen Werksteams von Volkswagen, Mitsubishi und Nissan bauen riesige LKW-Burgen, in deren Mitte bei gleißendem Halogenlicht die Autos jede Nacht komplett überholt werden. Das KTM-Werksteam hatte für seine Fahrer 3 LKW's und 4 Geländewagen mit. An jeder Ecke rumpeln Notstromaggregate, von überall her klingt die ganze Nacht das Klappern von Werkzeug, das Knistern der Schweissgeräte und ein babylonisches Sprachengewirr. Schlafen kann hier nur, wer von der Tagesetappe völlig erschöpft in seinen Schlafsack kriecht. Auch die Teilnehmer der "kleinen DAKAR" waren von den ungewohnten Strapazen müde genug, um nach einer Führung durch das Camp für Rallyeverhältnisse sehr, sehr zeitig - schon um 22.00 Uhr - ungestört vom Chaos und Lärm ringsum friedlich in ihren Schlafsäcken von der Wüste zu träumen.

Eine gute Gelegenheit für die Teamtrainer wie Stefan Heßler, alte Bekannte im Fahrerlager zu treffen und ein wenig zu fachsimpeln. Das KTM-Team war an diesem Abend noch vollzählig und guter Dinge, bei Andrea Mayer wurde gerade der Motor wegen eines Zylinderschadens komplett gewechselt und Jutta Kleinschmidt gab nach der erfolgreichen Aufholjagd gut gelaunt Interwiews. Am darauffolgenden Morgen trennten sich die Wege der Profis und der Neulinge. Während die große Rallye in die lybische Wüste eintauchte, fuhr die Rallye der Amateure eine Wertungsetappe zurück ins Zwischenlager nach Ksar Ghilane. Natürlich muss bei jeder Wüstenetappe eine Dünendurchquerung dabei sein. Wieder kämpften sich die mittlerweile nicht mehr ganz so Unerfahrernen über vier Stunden durch 6 Kilometer weichen Dünensand. Die Teamtrainer wie Stefan Heßler hielten dabei mit Ihren Mercedes G Rallye die Verbindung zwischen den einzelnen Teambesatzungen, um niemand in der Hitze zu verlieren. Dabei war allerdings nicht nur das Fahrkönnen der Trainer gefragt, sondern auch viel Kondition. "Ich bin sicher 6km Dünen gerannt, um Wege aufzuzeigen, Autos zu bergen oder Spuren zu suchen!" berichtete der Suhler verschwitzt aber auch zufrieden. Immerhin hatte "sein" Team inzwischen viel gelernt und mit einer kleinen Hilfe ihres Trainers konnten sie diesen Abschnitt sogar als Erste beenden. 

Nach einer Übernachtung im Camp von Ksar Ghilane ging es dann am letzten Rallytag - allerdings nur für die "kleine DAKAR" - zurück nach Touzeur, wo dann wieder in festen Wänden die Siegerehrung stattfand. Stefans Team konnte dann auch den zweiten Platz bei dieser ersten Wüstenrallye mit nach Hause nehmen. Doch die Ergebnisse waren bei dieser Tour sicher das Unwichtigste. Denn wer war denn wirklich schon einmal dabei? ...Bei einem der letzten großen Abenteuer!!

TEXT HRT


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