Montag, 29. Dezember 2014

Rallye Croatia 2004


SCHOTTER BEGINNT! -Rallye di Croatia 2004


DR ZETA Action - BILDER

Etappe Velebit, SP2: Die gut 200 kg schwere Suzuki Rallye-Werksmaschine springt unter mir wie ein Bulle beim Rodeo. Steine, beginnend ab der Größe einer Faust, schlagen das Vorderrad immer wieder aus der Richtung. Der vom Vorausfahrenden aufgewirbelte Staub versperrt mir die Sicht nach vorn, Geröll trommelt gegen Fahrer und Bike...

Ich will unbedingt überholen, doch die schmale Gebirgspiste mit ihren engen Kehren ermöglicht mir kaum, vorbeizukommen. Endlich bin ich neben der Yamaha. Ich brülle und schreie unterm Helm hervor. Hoffentlich wird der Andere endlich auf mich aufmerksam. Geschafft!! Nun habe ich wieder freie Sicht. Diese Wertungsprüfung mit ihren mehr als 10 km Länge fordert bei ambitionierter Fahrweise kräftige Unterarme und gute Kondition. Dabei sollte ich mich mittlerweile an grobes Geröll gewöhnt haben.

Rückblende: Die Rallye di Croatia 2004, welche vom Tourenfahrerclub (TFC) 85 aus Graz veranstaltet wird, ist technisch anspruchsvoller, als ich es von der Ausschreibung her vermutet hatte. Vier Fahrtage von Montag bis Freitag, dazwischen am Mittwoch sogar ein Ruhetag, und ein kurzer Prolog am Sonntag, das Ganze auch für Groß-Enduros machbar, so leicht klang es in der Ausschreibung.

Doch bereits der Prolog am Sonntag hatte es in sich. Navigation mit Roadbookangaben im 30-meter Rhythmus, enge Pfade und grobes Geröll waren eine knackige Einstimmung für die kommende Woche. Ein Urgestein der Croatia, der 6-fache Teilnehmer Lazzi Porsch auf Yamaha WR 400 konnte diesen für sich entscheiden. Dieses Ergebnis vom Sonntag war dann auch Grundlage für die Startreihenfolge am ersten Etappentag.




Auch der TFC 85 macht von der einsteigerfreundlichen Handicapregelung Gebrauch, bei der der beste Fahrer zum Schluss startet. Das hält das große Teilnehmerfeld enger beisammen und die langsameren Piloten treffen nicht erst spät abends im Ziel ein. Mit 70 Einschreibungen, von denen 56 Piloten an den Start gingen, war für den TFC auch organisatorisch die Obergrenze erreicht. Dabei ist die Rallye in Österreich weitaus mehr bekannt als in Deutschland, was sich auch in der Teilnehmerliste widerspiegelt. Neben der großen Anzahl österreichischer Piloten waren 8 Niederländer und 15 Deutsche am Start.

Die Etappe 1, KNIN, 270km lang, bekommt ihren Namen von der gleichnamigen Stadt, welche die Rallye durchquert. Sie führt die Fahrer durch das dalmatische Hinterland und zeigt uns alle Arten von Steinen, die es in Kroatien zu geben scheint. Steine sind das, was die Rallye di Croatia technisch ausmacht.

Alle Tagesetappen sind nach Sollzeit zu fahren, je 2 Wertungsprüfungen nach Roadbook bestimmen den Tagesschnellsten. Die Prüfungen finden auf nicht gesperrten Wegen in unbekanntem Gelände statt, ermahnt uns Christian Klauscher im Briefing zur Vorsicht.

Trotzdem, am Start der SP1 lässt das Adrenalin alle Warnungen vergessen. Und so passiert es: Gleich am Prüfungsbeginn, das Tempo ist noch nicht zu hoch, einen Laster, der sich zum Glück im Schritttempo den Berg herunter bewegt! Ich suche verzweifelte eine Lücke, streife zuerst die Ladefläche und bleibe am Ende noch an einem KTM-fahrer hängen, der ebenso dem LKW ausweichen musste. Zum Glück ist außer ein paar Kratzern nichts passiert, also weiter, aber diesmal doch mit mehr Vorsicht an unübersichtlichen Stellen.. SP2, nach Kompass zu fahren, wirbelt das Klassement ordentlich durcheinander. Hier spielt Tempo keine Rolle und viele schnelle Piloten erfahren, dass bei eine Rallye nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Richtung stimmen müssen. So sieht man dann auch aus jeder Richtung Motorräder, die alle verfügbaren Wege absuchen, teils sogar quer durchs Gebüsch brechen, alle auf der Suche nach dem Bahnübergang, ein wichtiger Orientierungspunkt dieser Etappe. Dieter Grün fährt unbeeindruckt von diesem Chaos Bestzeit, obwohl er sogar an jeder Kreuzung von seiner Africa Twin absteigt, um die Missweisung des Kompass auszuschliessen.





Der zweite Tag, VELEBIT, führt über den gleichnamigen Gebirgszug und zeigt uns auch die landschaftliche Schönheit Süd-Croatiens. Die SP1, welche über 15km an einem wunderschönen See entlangführt, wurde am folgenden Tag nochmals ohne Wertung gefahren. Während der SP1 war die extrem schnelle Piste mit nur wenigen engen Kurven nicht für alle zum Sigthseeing geeignet, der Tripmaster meiner DR BIG vermeldet 157km/h Topspeed...

Auch wenn die schnellsten Piloten mit echten Rallyetempo um Platzierungen kämpfen, ist die Croatia für Einsteiger sehr gut machbar. Selbst Abbruch oder Auslassen eines Fahrtages wird nicht mit Ausschluss, lediglich mit Strafzeit geahndet. Herma Janßen, eine der beiden Rallyedamen und absolute Neueinsteigerin kämpft sich auch am 2. Tag auf ihrer DR 350 durch alle Prüfungen. Große Enttäuschung kurz vor dem Ziel der SP2, denn als sie sich über den steinigen Bergpfad endlich nach oben gequält hatte, kamen ihr die Streckenposten vom Zielpunkt entgegen, Zeitkontrolle bereits geschlossen! Trotzdem gibt Herma nicht auf, und am Ende wird ihr Durchhalten an allen Fahrtagen mit einem 48. Rang von 56 Teilnehmern belohnt.

Mittwoch und Ruhetag - nicht für alle! Die Jungs vom www.BIG-rallyeteam.de mit ihren schweren DR BIG hatten auf den vergangenen Kilometern deutlich mehr Verschleiß zu vermelden als die leichten Sportmaschinen. Und so wurde im Fahrerlager heftig gebohrt, geflext und geschraubt, während die meisten Piloten in Orange am Strand lagen. Innerhalb von 10 Stunden hat Manuel ein komplette DR BIG zerlegt, zusammengebaut und mit Hilfe von Jürgen aus einem alten Regal sogar einen neuen Roadboookhalter improvisiert!

Mit der nach dem weitgereisten Marco Polo benannten Etappe ist am Donnerstag auch mit 280km der längste Fahrtag der Rallye erreicht, anscheinend aber auch der konditionelle Tiefpunkt der Fahrer. Viele Verletzte prägen den Tag. Wolfgang Kremsl stürzt mit seiner KTM Adventure auf der sehr steinigen SP2 so schwer, dass er von Ramona, unserer Fotografin im Auto mit Rippenbrüchen in Krankenhaus nach Zadar gefahren werden muss. Auch der Fahrtleiter Christian Klauscher musste feststellen, dass sich durch die große Anzahl an leichten Sport-Enduros die Veranstaltung immer mehr vom ursprünglichen Charakter entfernt und an Tempo und Niveau zunimmt. Den höheren Speed der Bikes konnten leider nicht alles Fahrer beherrschen, erstmals mehr als 5 Verletzte während einer Rallye waren auch für den TFC ein trauriger Rekord.

 

Höhepunkt und Abschluss am Freitag mit der 230km - Etappe ALAN. Christian Klauschner weist im Briefing am Vorabend nochmals auf die Bedeutung der SP1 hin. Schnittprüfung bedeutet Fahren mit konstant 35 km/h, ohne zu wissen, bei welchem Kilometerstand das Ziel erreicht ist. Jede Sekunde Abweichnung wird 5-fach bestraft! So bastelt sich auch jeder seine Strategie. Auf meinem Tank klebt eine Liste mit genau aufgeschlüsselten Entfernungen,. mit Zwischen- und Gesamtzeiten. Doch alle Strategie geht nicht auf, wenn man den richtigen Weg nicht findet. Ich verliere lediglich 2 Minuten, dies allerdings mit fünf Multipliziert ergibt einen Rückstand von 10 ! Am schlimmsten erwischt es jedoch Jo Müller, er findet tatsächlich das Ziel der SP1 nicht und verliert nicht nur einen vorderen Platz im Gesamtklassement sondern auch die Führung bei den Old Man.

Die zweite Wertungsprüfung des Tages trägt nicht umsonst als einzige einen Namen: ALAN-MAN.

Eine Passstrasse 14 km lang, mit lockerem Schotter bedeckt, einfach nur Hauptpiste und Vollgas! Der Niederländer Harry Oostings zeigt hier, wer wirklich der schnellste Fahrer dieser Rallye ist. Er ist gut eine Minute schneller als der Zweitplatzierte und bekommt nicht umsonst bei der Siegerehrung den Pokal aus einem Stein des Alan-Berges und den Titel ALAN MAN 2004.

Die Siegerehrung am Abend wurde von allen mit Hochspannung erwartet, war doch klar, das die berühmte Schnittprüfung nochmals für Bewegung im Klassement sorgen würde. Gesamtsieger und Gewinner bei den Old Man wurde dann auch überraschend Lazzi Porsch (Yamaha WR400) vor dem Sieger der Einzylinderwertung, Harry Oostings (KTM 660) und Claus Wittmann (KTM EXC). Ich erreiche trotz (oder wegen? ) der schweren DR BIG als bester Deutscher den 5. Gesamtrang.

Doch gleichgültig ob mit oder ohne Pokal: Für alle Teilnehmer wird diese sehr gut organisierte Veranstaltung in einem gastfreundlichem Land immer in guter Erinnerung bleiben.
TEXT HRT
FOTOS Ramona Metzner

Jürgen ist auch einer, den ich zum Rallyefahren angestiftet habe... er schreibt mir:

Hallo Stefan,
Du hast um einen Erfahrungsbericht zur Schotter-Woche gebeten -- hier ist er:

Vorkenntnisse:
Eigentlich gleich Null.
Im Oktober 2003 bin ich in Ollidingsbums mitgefahren, Wald- und Wiesenwege, kaum Schotter. Ging ganz gut und war wohl der Einstieg. Über die Web-Site des TFC 85 habe ich mich vorab an den Erfahrungsberichten der Teilnehmer aus 2003 orientiert, und da las ich etwas von einfachen und leichteren Schotterwegen.

Vorbereitung:
Ca. 5 Wochen vor der Croatia ein 2-tägiges Endurotraining in Suhl / Walldorf. Zusätzlich 2 Wochen, täglich 1 Stunde, Training auf einer Schotterpiste in Stetten a.k.M

Croatia 2004:
Mein Ziel für diese Woche: Gesund durchkommen und Spass haben. Beschwerliche Anreise, von Köln bis Biograd n.M. sind es fast 1500 Km, davon 550 über Landstrasse in Kroatien. Ankunft am Samstag Nachmittag bei herrlichem Wetter. Es herrschte sofort eine positive Stimmung und tolle Atmosphäre im Fahrerlager, die Unterkunft passte.
Sonntag abend dann der Prolog, eine kurze Strecke zum Festlegen der Startreihenfolge für den folgenden Tag. Hier platzten bereits einige Träume von vorderen Platzierungen. Für mich die erste Erfahrung mit schnellem Fahren im Gelände und gleichzeitigem Navigieren mit Roadbook. Klappte eigentlich ganz gut. Auch auf knapp 4 Kilometer kann man sich verfahren :-)
Montag früh um 09:01 Uhr ging der erste Teilnehmer dann von der Rampe auf Tour. Und hier zeigte sich dann, dass das Wort Schotter neu definiert werden sollte. Zwischen Murmel- und Fussballgrossen Steinen, auf teilweise felsigem Untergrund war alles vorhanden.
Abends wurde natürlich geschraubt. KTM Fahrer sind nicht nur auf der Strecke schneller, sie scheinen auch das schnellere Werkzeug zu besitzen. Jedenfalls waren die Mädels und Jungs aus dem BIG Forum abends die Letzten und am Ruhetag die einzigen Schrauber.

Fazit:
Für einen blauäugigen Anfänger wie mich waren Teile der Strecke mit meiner BSE BIG einfach zu schwer. Wenn man sich die Sache einteilt und nicht auf die Zeit achtet, sauber navigiert, dann macht es richtig viel Spass.
Die Veranstallter haben sich sehr viel Mühe gegeben und die Betreuung vor Ort war Spitze. Ich habe viele nette Leute getroffen und eine teilweise wundervolle Landschaft gesehen. Leider waren die Spuren des Krieges an jeder Ecke präsent.

Was ich wieder machen werde:
Ich werde wiederkommen, wenn es terminlich passt 2005. Eventuell sogar wieder mit der BIG
Auf jeden Fall wieder mit dieser Super Truppe, die können nicht nur fahren, sondern auch hervorragend schrauben, und sehen die Sache nicht so verkniffen. Allerdings werde ich besser vorbereitet sein in Bezug auf Werkzeug und Ersatzteilen.
Ein Training im Vorfeld der Veranstaltung
Meine Brillen auch weiterhin bei Apollo kaufen

Was ich nicht mehr machen werde:
Die Woche(n) vor der Croatia mit Terminen vollstopfen, so dass ich mehr Zeit für Vorbereitungen habe
Auf Zeit fahren
Ohne ausreichend Ersatzteile anreisen

Ich wollte eine Woche Spass haben und gesund durchkommen - das ist mir gelungen. Auch wenn mein Team unter meiner Gesamtzeit leiden mussten...

Es werden mir wohl noch tausende Sachen einfallen - nachdem ich diese Mail verschickt habe. That's the way it is..........

mfg
Juergen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen